Ungefhr eine Stunde lag ich in dieser Badewanne. Es war nicht das erste Mal an diesem Tag. Ich musste inzwischen verschrumpelt ausgesehen haben sein wie ein Hundertjhriger, davon bekam ich aber nichts mit. Den Laptop hatte ich, whrend ich badete, auf den Klodeckel gestellt. Aus ihm (dem Laptop, nicht dem Klo, um Himmels willen) kamen Stimmen, die mir sagten, ich solle mich entspannen und positiv denken, dann solche, die mich hypnotisieren wollten, und dann wieder welche, die mir befahlen, dieses und jenes zu tun um erfolgreicher zu werden.
Das Badewasser war warm, ich lie regelmig neues ein. Viel wrmer als mein Herz. Mehrmals tglich suchte ich diese Wrme, die ich mir selbst nicht geben konnte. Und meistens hrte ich mir dabei eben Audios zur Persnlichkeitsentwicklung an. Audios, mit denen ich mich verbessern wollte, um irgendwann hoffentlich gut genug zu sein, liebenswert genug, um von den Menschen geliebt werden zu knnen. Liebe war etwas, das mir anscheinend sehr fehlte, in diesen Zeiten, in denen ich mein Bett fast nur verlie, um in den Buchladen zu gehen oder in die Apotheke, um neue Pickelcremes und Abdeckstifte zu besorgen.
Wie uns Persnlichkeitsentwicklung und Ziele in die Irre fhren knnen
Auf die „Persnlichkeitsentwicklung“ setzte ich jedenfalls alles. Mir ihr vertrieb ich mir nicht nur die einsamen Stunden und Tage und Wochen und Monate. Vor allem lie sie mich hoffen auf ein lebenswertes Leben, irgendwann. Wenn ich je liebenswrdig genug werden knnte, dann nur auf diesem Weg: Ziele setzen und erreichen, Menschen beeinflussen und meine Gedanken und Gefhle kontrollieren lernen. Stndig suchen und hart an mir arbeiten. Mich reparieren wie ein zerfleddertes altes Kissen, mit dem sich niemand mehr ins Bett legen mchte. Perfekt werden, so ganz anders, als ich gerade war; pickellos, nicht mehr zu dnn, nicht mehr an den Fingerngeln kauend, reich, beliebt.
Vielleicht liest Du gerade auf myMONK.de, weil’s Dir genauso geht wie es mir ging. Weil Du Dich verbessern mchtest. Weil Du glaubst, nicht gut genug zu sein, wie Du bist und aussiehst und was Du hast.
Dieser Weg fhrt jedoch in die Irre: mit jedem Meter, den Du „vorankommst“ entfernst Du Dich von Dir und von echtem Wachstum. Mit jedem Ziel, das Du setzt, mit jeder Meditation, die Dich Deine Schmerzen und Unruhe glattbgeln soll, mit jedem Buch, das Du liest, um Dich zu verndern. All das verstrkt nur Dein Gefhl, nicht auszureichen. Jeder Sieg, der so errungen das Ego aufblht, macht uns anflliger fr den unvermeidlichen Nadelstich, der den Erfolg platzen und uns in ein tiefes Loch fallen lsst.
Heilung / Ein neues Leben
Anstatt weiter zu rennen, immer weiter weg von mir, blieb ich nach vielen, vielen Jahren stehen. Ich begann, mich und mein Leben mit offenen statt missmutig zugekniffenen Augen anzuschauen. Ich begann zu lernen, dass ich gut bin, wie ich bin. Da begann ich zu heilen – das Wort Heilung steht ja fr „ganz werden“ oder „eins werden“.Dir fehlt nichts. Du brauchst blo annehmen, was ist, und wie Du bist. Dann bist Du ganz.
„Leben ist leiden“, sagen die Buddhisten. Sie sagen aber auch: es gibt einen Ausweg aus diesem Leiden. Und der besteht nicht darin, ein Leben ohne Schmerzen, Krankheiten und Stress zu suchen, sondern alles anzunehmen – lachen und weinen, Stille und Schreie, Siege und Niederlagen, leben und sterben.
Nehmen, was kommt – komme, was will. Nicht kmpfen, nicht darin versinken, sondern beobachten und Frieden schlieen.
Stell Dir vor, was passiert, wenn Du aufhrst, zu suchen, und stattdessen etwas findest, das viel mehr Wert ist als jede Medaille, jede Anerkennung und jedes Geld der Welt: Dich selbst und Deine Heilung.Sobald Du Dich und Dein Leben annimmst:
kannst Du Dir erlauben, wirklich Du selbst zu sein – Du liebst Dich als ganzen Menschen und bist viel unabhngiger von der Meinung anderer
zieht Dein Leben nicht mehr an Dir vorbei, whrend Du auf eine bessere Zukunft wartest
ist immer alles da, was Du brauchst
musst Du Dich nicht mehr bis zur vlligen Erschpfung abstrampeln und Dinge zu tun, die Du hasst, nur um Dir irgendwelchen Kram leisten zu knnen, der Dich ohnehin nicht oder nur fr kurze Zeit glcklicher macht
musst Du keine Dinge lernen oder erleben, die Dir eigentlich gar nichts bedeuten
kannst Du glcklich sein und dankbar fr alles, das Du bist und hast, statt immerzu unzufrieden zu sein ber das, was Dir vermeintlich fehlt
Ist das nicht unendlich befreiend?
Ja, das Leben wird dann weiterhin Freude und Schmerzen liefern. Doch werden wir dabei langsam, in kleinen Schritten, immer mehr so, wie Buddha es beschrieb:„Ruhig wie ein tiefer See mit ungetrbtem Wasser ist der Weise mit seiner heiteren Klarheit.“Wind und Hagelkrner mgen uns von Zeit zu Zeit aufpeitschen, doch bleiben wir dabei immer dasselbe Wasser, und immer kehren wir zur Ruhe zurck.
Auch heute bade ich brigens noch gern. Inzwischen aber nicht mehr mit dem Ziel, besser zu werden oder einen bestimmten Zustand zu erreichen. Denn heute bade ich immer hufiger – und zwar in innerem Frieden. Ganz egal, wo ich bin, und was ich tue.Und dieser innere Frieden, der wartet auch auf Dich.Nicht nach dem nchsten Ziel.Sondern jetzt, wenn Du erkennst:
Du bist schon perfekt.
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